Limbaži und Anklam – eine lettisch-deutsche Partnerschaft
Eine Städtepartnerschaft wird gegründet, um einen Austausch - auf kultureller und wirtschaftlicher Ebene - zwischen zwei Städten anzukurbeln. Bereits im Jahre 836 wurde die Städtefreundschaft zwischen Paderborn und Le Mans urkundlich erwähnt. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs entstehen immer mehr Partnerschaften zwischen deutschen und osteuropäischen Städten. Wenn zwei Städte oder Gemeinden sich für einen dauerhaften und freundschaftlichen Austausch entscheiden, wird diese Städtepartnerschaft mit einer Partnerschaftsurkunde besiegelt. Es folgen gegenseitige Besuche, in die nicht nur Angestellte der Stadtverwaltung, sondern auch die Bürger mit einbezogen werden sollen. Die Völkerfreundschaft über Grenzen hinweg steht im Vordergrund. Anlass für eine Partnerschaft mit einer bestimmten Stadt ist oft eine Namensgleichheit (Neu Ulm, Deutschland und New Ulm, USA), sowie Ähnlichkeiten in der Geschichte oder Geographie.
Bereits 1964 schloss Riga eine Partnerschaft mit Pori, Finnland. Es folgten bisher 30 weitere in Europa, Amerika, Asien und Australien.
Mit Anklam, Deutschland und Limbaži, Lettland haben sich zwei Hansestädte zusammengeschlossen, die in ihrer Geschichte viele Parallelen aufweisen. Weitere Partnerstädte von Limbaži sind Wolchow (Russland), Landkreis Luninez (Weißrussland), Sande (Norwegen), Landkreis Panevēžys (Litauen) und Klippan (Schweden).
In Anklam, der Geburtsstadt Otto Lilienthals, leben ca. 13.300 Einwohner. Anklam wurde 1243 das erste Mal urkundlich erwähnt, erhielt 1264 das Stadtrecht und trat 1283 dem Städtebund der Hanse bei. In der Umgebung gibt es viele Naturschutzgebiete und zahlreiche historische Sehenswürdigkeiten. Anklam ist durch seine Nähe zum Meer, den Stränden, Ostseebädern und -inseln ein attraktives Ausflugs- und Reiseziel.
Limbaži ist mit 8.000 Einwohnern etwas kleiner, hat seit 1385 das Stadtrecht und ist seit dem 14. Jhd. Mitglied der Hanse.
In der Geschichte der beiden Städte gibt es noch weitere Parallelen. Anklam brannte 1377 bis auf wenige Häuser und die Marienkirche fast komplett nieder. 1565 wütete dort die Pest; ein Drittel der Bevölkerung starb. 1630 Besetzung durch schwedische Truppen, 1657 Einfall der Polen, 1659 die nächste große Feuersbrunst, 1711 Besetzung der Stadt durch verbündete Sachsen, Russen, Dänen, Polen und Preußen.
Ähnlich sah es in Limbaži aus: 1558 brannte Iwan der Schreckliche die Stadt nieder, 1567 zündelten die Schweden und 1575 wieder die Russen. 1747 brannte Limbazi bis auf vier Gebäude komplett ab. Während in Limbazi 1876 ein großes Textilunternehmen gegründet wurde, baute man in Anklam 1883 eine Zuckerfabrik. Lange Zeit lebte Baumanu Karlis in Limbazi, wo er auch 1835 starb. Er ist der von den Letten hoch verehrte Komponist der lettischen Nationalhymne „Gott segne Lettland” Zur Zeit entsteht im Heimatmuseum eine Dauerausstellung zu Ehren des Dichters und Komponisten. Im Zentrum erinnert ein Denkmal an ihn. Anklam hingegen kann sich rühmen, die Heimatstadt des Luftfahrtpioniers Otto Lilienthal zu sein. Das Lilienthalmuseum wurde 1991 in Anklam eingeweiht.
Auf den Hansetagen kamen Vertreter der beiden Städte in Kontakt. Seit dem 5. August 2005 besteht eine offizielle deutsch-lettische Städtepartnerschaft. Die Vertreter sind bemüht, die Freundschaft zwischen den Städten nicht nur auf der Verwaltungsebene, sondern auch zwischen den Bürgern zu vertiefen. Im November letzten Jahres fand ein dreitägiges Treffen in Limbaži statt. Auf der Tagesordnung standen Gespräche über eine Intensivierung der künftigen Zusammenarbeit, Besichtigungen und gemeinsame Mahlzeiten. Das Treffen war geprägt von einer herzlichen Atmosphäre, gegenseitigem Interesse und dem Austausch neuer Ideen. Aus Anklam kamen Frank-Thomas Starigk (Bürgervorsteher), Michael Galander (Bürgermeister), Christian Schröder (Vorsitzender des Ausschusses für Stadtmarketing, Bildung und Soziales) und Beatrix Wittmann-Stifft (Sachgebietsleiterin Stadtmarketing, Bildung und Soziales). Im Vordergrund stand der Austausch anlässlich der Stadtjubiläen in Limbazi (die Stadt wird in diesem Jahr 790 Jahre alt) und Anklam (750 Jahre 2014). Darüber hinaus sollen Kontakte auf Vereins-, schulischer- und privater Ebene intensiviert werden. Geplant ist ein Schüleraustausch, ein Fußballturnier in Limbazi, zu dem auch andere Partnerstädte eingeladen werden sollen, und ein Austausch von MitarbeiterInnen der Verwaltungen. Zum Stadtfest sollen bis zu 40 Bürger der jeweiligen Partnerstadt eingeladen werden. Eine offizielle Delegation reist schon seit Jahren zum Stadtfest ins andere Land. Während des 9. Anklamer Hansefestes 2012 präsentierte der lettische Männerchor „Dzilezers” einen Ausschnitt aus seinem Programm und sorgte mit lettischen Liedern für fröhliche Stimmung. Auf den künftigen Festen sollen sich Tanz- und Musikgruppen präsentieren. Ein Infostand für die Bürger soll aufgebaut werden. Zusätzlich ist geplant, im Internet-Auftritt der beiden Städte ausführliche Informationen über die jeweilige Partnerstadt zu publizieren. Einmal im Quartal sollen aktuelle Neuigkeiten hinzugefügt werden.
Im Interesse der Bürger beider Städte bleibt zu hoffen, dass die Ideen und der gute Wille nicht Sparmaßnahmen zum Opfer fallen.
Tina Runce, Limbaži