Lettland und seine Straßen......
Wer vor 15 - 20 Jahren schon einmal mit dem Auto durch Lettland gefahren (oder besser „gerumpelt“) ist, der weiß sicher nur zu gut, dass es damals Schlaglöcher gab, in denen man locker genug Platz zum Einrichten eines Goldfischteiches gehabt hätte. Da gab es Hauptverkehrsadern, auf denen selbst ein Ralleyfahrer die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h niemals freiwillig überschritten hätte – weil die Piste teilweise nur im Schritttempo befahren werden konnte. Zudem waren einige Löcher im Asphalt so tief, dass auch Schrittgeschwindigkeit nichts nützte. Diese Gruben musste man unter regelwidriger Benutzung der Gegenfahrbahn großzügig umfahren. Schließlich wollte man doch ohne Achsbruch wieder nach Hause kommen. So geschehen beispielsweise im Sommer 1997 auf der Strecke von Igate nach Ragana, Richtung Riga. Ich erinnere mich noch gut, wie ich damals bemerkte, dass solche Straßen in Deutschland gesperrt werden würden (allenfalls als Abenteuerpfad zu nutzen).
Zum Glück hat sich diesbezüglich in den letzten Jahren viel geändert. Besonders seit dem Beitritt zur EU im Jahre 2004 sind viele EU-Fördermittel zur Verbesserung der Infrastruktur in den Straßenbau geflossen. Mit Hilfe der EU wurde nach der Rezession während der Finanzkrise 2009 die Konjunktur angekurbelt. Davon profitierten auch die Autofahrer. Auch wenn nach wie vor viele von ihnen am Murren sind (Nörgler gibt es immer und überall) – meine Besucher aus Deutschland sind immer wieder positiv überrascht, wie gut es hier auf vielen Straßen „fluppt“.
Das Straßennetz Lettlands wird vom Staaatlichen Straßenbauamt ( Latvijas Valsts ceļi – LVC) verwaltet. Gegründet im Jahre 2004 kontrolliert LVC die Finanzierung des Straßenbaus und koordiniert alle Arbeiten, die im Zusammenhang mit den lettischen Straßen stehen. Im Vordergrund stehen zwei Aufgaben: die Instandsetzung bestehender Straßen und das Asphaltieren der Schotterwege, von denen es reichlich gibt.
Lettlands Straßen 2014 unter LVC im Überblick (Quelle lvceli.lv, 2014)
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Lettland |
Deutschland |
Fläche |
64.589 km² |
357.168 km² |
Einwohnerzahl |
1.988.400 |
81,2 Mio. |
Gesamtänge des Straßennetzes - davon unter der Verwaltung von LVC |
73.592 km 20.131 km |
644.480 km |
Asphaltierte Straßen unter LVC |
8.901 km |
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Schotterwege unter LVC |
11.230 km |
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Registrierte PKW |
657.799 |
43,9 Mio |
Anzahl PKW auf 1000 Ew. |
331 |
658 |
Gesamtausgaben Straßenbauarbeiten 2014 damit erneuerte / apsphaltierte Straßenlänge einschl. Brücken |
107,5 Mio. € 264 km 14 |
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Jedes Jahr wird der Zustand der Straßen nach einer einheitlichen Methode bewertet. 2014 waren demnach von den bewerteten asphaltieten Straßen 1 034 km in sehr gutem, 1 969 km in zufriedenstellendem und 2 304 km in sehr schlechtem Zustand. Bei den Schotterwegen waren nur 941 km in gutem, dafür aber 4 609 km in schlechtem Zustand. Es gibt also noch viel zu tun. Bei den Schotterwegen stört weniger die unebene Fahrbahn, als die furchtbaren Staubwolken, die ein Fahrzeug verursacht. Wehe dem, der kein Auto mit Klimaanlage besitzt und im Sommer einen anderen Wagen vor sich hat. Der Staub nimmt die Sicht wie dichter Nebel, hält sich noch minutenlang in der Luft. An ein geöffnetes Fenster ist natürlich nicht zu denken. Es sei denn, man stört sich nicht an dem Knirschen zwischen den Zähnen.
Wer Länder besucht hat, in denen es im Winter etwas frischer ist als in Deutschland, weiß, dass es im Frühling, wenn die Temperaturen stark schwanken, zu Straßenschäden kommt. Wenn in Lettland irgendwann im April der letzte Schnee verschwunden ist und im Mai kein Frost mehr zu erwarten ist, rücken die Straßenflicker aus. Das Schlagloch wird mit Druckluft gereinigt, mit heißer Asphaltmasse aufgefüllt und dann planiert. Schon ist es repariert und hält eventuell bis zum nächsten Winter. So werden manche Straßen zu einem Flickenteppich; dabei stört die Optik weniger - das Fahrgefühl lässt aber sehr zu wünschen übrig.
Im Großen und Ganzen kann man aber mitlerweile in Lettland recht vernünftig fahren. Oft gibt es mit Hilfe von Umwegen die Möglichkeit, schlechten Straßen auszuweichen. Wer aber in dünn besiedelte Gebiete vordringen will, muss mit Unbequemlichkeiten rechnen. Aber – es geht aufwärts!