Wärmedämmung der Plattenbauten in Lettland am Beispiel von Limbaži
Wer im Winter schon einmal in Lettland war, weiß, dass es ungemütlich kalt werden kann. Temperaturen bis minus 20 Grad sind normal, es kann aber auch gerne Richtung minus 30 Grad gehen. Was eigentlich kein Problem ist, wenn man sich bei notwendigen Aufenthalten im Freien entsprechend kleidet und sich dann in der warmen, gemütlichen Wohnung wieder aufwärmen kann. Da beginnt leider für viele Letten das Problem.
Die Plattenbauten aus der Sowjetzeit sind in einem katastrophalen Zustand. Gebäude, die erst in den 80er Jahren gebaut wurden, verfügen über keinerlei Wärmedämmung. Die klapprigen Holzfenster haben zwar einerseits den Vorteil, dass die Wohnung auch bei geschlossenem Fenster immer gut belüftet wird, andererseits auch den Nachteil, dass sich die Bewohner im Winter den A.... abfrieren. Dazu die nackten Betonwände. Die Räume sind mit Heizkörpern ausgestattet, die durch Fernwärme beheizt werden.
Das bedeutet, dass im mitunter kilometerweit entfernten Heizkraftwerk Wasser mittels Holzschnitzelverbrennung aufgeheizt wird, in Rohrleitungen durch die Stadt fließt, am jeweiligen Haus durch sämtliche Heizkörper läuft und sich dann auf den Weg ins nächste Haus macht. Der aufmerksame Leser wird sich schon denken können, dass das im letzten Haus angekommene Wasser nur noch lauwarm ist. Glücklich ist, wer eine Wohnung am Anfang dieser Heizkette hat. Vor einigen Jahren hat die EU schon reichlich Mittel spendiert, um die Wärmedämmung der Rohrleitungen zu verbessern. Jetzt kann man im Winter bei eisigen Temperaturen und dicker Schneedecke gar nicht mehr sehen, wo die Leitungen durch die Stadt laufen. Vor der Isolierung wuchs genau über den Rohren im tiefsten Winter grünes Gras. Anderen Ortes nennt man das Energieverschwendung. Für die die Bewohner natürlich bezahlen mussten.
Regulieren kann man die Heizkörper nicht, einen eigenen Zähler hat auch keiner. Im Herbst geht die Heizung an, im April wieder aus. Wer im Sommer friert, hat Pech gehabt. Ach, und wem es zu warm ist, der kann natürlich sein Fenster öffnen. Wie war das mit der Energieverschwendung? Wer im Erdgeschoss an einer Außenwand seine Wohnung hat, der sitzt im Winter mitunter bei 17 oder 18 Grad auf seinem Sofa. Der durchschnittliche Lette freut sich oft schon, wenn es 19 Grad zu Hause sind. Wie gemütlich! Die Wohnungen, die sich in der Mitte eines Plattenbaues befinden, sind entsprechend wärmer und erreichen temperaturmäßig einen akzeptablen Standard. Da nach Quadratmetern abgerechnet wird, zahlt jeder das gleiche, unabhängig von der in seiner Wohnung erzielten Raumtemperatur. Im Sozialismus ist doch alles gleich!
Was kann man also gegen das Frieren tun? Richtig, die alten Holzfenster gegen moderne Kunststofffenster austauschen, was auch schon viele Wohnungsbesitzer gemacht haben. Zusätzlich kann man mit Ölradiatoren heizen, die mit Strom betrieben werden. Was natürlich die Stromkosten in kalten Monaten ordentlich in die Höhe treibt. Da die Außenwände aber nicht gedämmt sind, hilft das nur bedingt.
Hier kommt die EU ins Spiel, die die Wärmedämmung bei Mehrfamilienhäusern teilweise mitfinanziert, damit Energie gespart wird. Angenehmer Nebeneffekt sind wärmere Wohnungen und niedrigere Heizkosten. Die Unterstützung durch die EU beläuft sich auf 50% der Gesamtkosten für die Renovierungsmaßnamen und gilt für Mehrfamilienhäuser ab 12 Wohnungen. Mindestens 51% der Wohnungsbesitzer müssen der Renovierung zustimmen. Die Hausverwaltung in Limbaži verlangt die Zustimmung von mindestens 75%. Wenn die Eigentümer sich für eine Renovierung aussprechen, wird eine technische Dokumentation erstellt, die über folgendes Auskunft gibt: Wieviel kostet die gesamte Wärmedämmung? Wieviel Energie kann dadurch eingespart werden? Die Einsparungen betragen bis zu 50%, abhängig von den Wänden, dem Heizsystem, Zustand des Daches und des Kellers. Das Vorhaben wird ausgeschrieben und verschiedene Firmen machen Kostenvoranschläge. Das billigste Angebot bekommt den Zuschlag (obwohl es doch vielleicht auch ganz sinnvoll wäre, ortsansässige Firmen vorrangig zu berücksichtigen). Stimmt die EU dem Projekt zu, nimmt die Hausverwaltung einen Kredit auf, den die Bewohner dann in monatlichen Raten abzahlen.
Bisher sind in Limbaži 25 Mehrfamilienhäuser mit einer neuen Wärmedämmung versehen worden. Für sieben weitere hat die EU bisher die Mitfinanzierung zugesichert. Für weitere sieben Häuser ist geplant, einen Antrag zu stellen. Im kleinen Nachbardorf Ozolaine sind alle zehn Mehrfamilienhäuser isoliert worden
Jūras iela 21 vor der Wärmedämmung....
....während der Arbeiten
Viele Wohnungsbesitzer lehnen leider eine Wärmedämmung ab, weil sie Angst vor der Belastung eines Kredites haben. Leider können oder wollen sie nicht verstehen, dass die Einsparungen bei den Heizkosten so hoch sind, dass sich eine Renovierung finanziell in jedem Fall lohnt. Zusätzlich ist es wärmer und die hässlichen Plattenbauten strahlen in neuem Glanz.
Im nächsten Jahr übernimmt die EU nur noch 30% der Kosten für die Wärmedämmung. Die Altum Bank in Lettland (frühere Hipotēku banka), eine staatliche Aktiengesellschaft, wird für solche Projekte nur 2% Zinsen für den Kredit verlangen, so dass die eigentlichen Kosten für die Wohnungsbesitzer kaum steigen.
Derzeit sind 200 kWh/m² der höchste von der EU zugelassene Verbrauch beim Heizen. Mit Wärmedämmung gelingt es, diese Zahlen auf 70-80 kWh/m² zu drücken. In Zukunft wird es in Lettland einen Energiepass für jedes Haus geben. Wer dann noch zuviel Heizenergie verbraucht, wird gezwungen, zu sparen.
Bisher hat die Hausverwaltung GmbH in Limbaži Kredite in Höhe von 1,5 Mio Euro aufgenommen, um die Wärmedämmung für viele Häuser finanzieren zu können.
.......und nach der Wärmedämmung
Nachfragen bei vielen Freunden und Bekannten haben ergeben, dass die Bewohner zum größten Teil mit den Ergebnissen zufrieden sind. Habe ich früher in kalten Wintermonaten umgerechnet bis etwa 140 Euro im Monat für eine Dreizimmerwohnung (63 m²) bezahlt, ist es jetzt nur noch die Hälfte, je nach Außentemperatur. Probleme mit Schimmel sind mir bisher nicht bekannt, auch die Hausverwaltung hat bei meiner Nachfrage solche Probleme verneint.
Tina Runce, Limbaži